Häfen und Werften

Häfen und Werften
Häfen und Werften
 
Als Güterumschlagspunkt und Schnittstelle zwischen dem Binnen- und Seeschiffsverkehr kommt den Seehäfen besondere Bedeutung zu. In der Regel sind sie an Flussmündungen oder in Buchten gelegen. Jahrhundertelang änderte sich kaum etwas an ihrem Erscheinungsbild, in den letzten Jahrzehnten hat sich dieses jedoch deutlich gewandelt. Eine Ursache hierfür liegt in der Zunahme des Containerverkehrs und des Ro-Ro-Umschlages seit den 1960er-Jahren, was die Zahl der klassischen Piers stark zurückgedrängt hat. Solche Piers sind beidseitig zugängliche Landungsbrücken, an denen Kräne Stückgut verladen, Elevatoren oder Saugrohre Getreide befördern und elektromagnetische Heber Eisenschrott transportieren. Heute bestimmen riesige Containerbrücken, Containerstapelplätze und die dazugehörigen Straßen- und Eisenbahnanschlüsse das Bild moderner Häfen. Die Verladeeinrichtungen sind umso wichtiger, als immer häufiger auf eigenes Ladegeschirr der Schiffe verzichtet wird.
 
Häfen nehmen wegen der erforderlichen Straßen und Eisenbahnanlagen enorme Flächen ein. Man rechnet heute mit acht Hektar Hafenareal pro Schiffsliegeplatz. Die Zahl der Verladebrücken für Straßenfahrzeuge hat sich parallel zur Zunahme des LKW-Straßentransports erhöht. Ergänzt werden sie durch für Zugmaschinen von LKW-Sattelaufliegern vorgesehene Parkflächen mit ausreichendem Manövrierraum, um die Auflieger an und von Bord spezieller Ro-ro-Fähren bringen zu können.
 
Ein relativ neuer Bautyp in Häfen sind Ölpiers zum Laden und Löschen (Ausladen) von Rohöl. Moderne Tanker, die bis zu 25 Meter Tiefgang besitzen, sind zu groß für die meisten Häfen. Aus diesem Grund — und auch zur Erhöhung der Sicherheit — machen sie an weit ins Meer hinausreichenden Piers fest, welche die Ölleitungsrohre tragen und befahrbar sind. Tanker, die an Ölpiers anlegen, würden diese ohne besondere Schutzmaßnahmen zerstören, da Wind und Wellen das Schiff gegen die Mauern drücken. Daher sind am Pier Puffer angebracht, die den Andruck dämpfen, indem sie über Umlenkrollen schwere Gewichte anheben, die innerhalb des Piers aufgehängt sind. Damit Tanker gar nicht an Piers festmachen müssen, gibt es in vielen Häfen schwimmende Löschbojen, mit deren Hilfe die flüssige Ladung über eine unterirdische Pipeline in Richtung Küste gepumpt wird.
 
Binnenhäfen unterscheiden sich weniger von ihrer Funktion her als von der Größe von den Seehäfen. Dem Vergleich mit dem Güterumschlag des Hamburger Hafens von 64,5 Millionen Tonnen (1996) hält nur die Duisburger Hafenanlage stand, durch die 1996 42,2 Millionen Tonnen befördert wurden. Andere Binnenhäfen kommen nur auf Bruchteile dieser Mengen.
 
 Werften
 
In Hafennähe befinden sich auch die meisten Werften, in denen neue Schiffe gebaut oder Reparaturen und Umbauten vorgenommen werden. Die Technik des Seeschiffbaus hat sich im letzten halben Jahrhundert stark verändert. Schiffsrümpfe wurden traditionell im Freien auf leicht zum Wasser hin abfallenden, Hellings genannten Bauplätzen vom Kiel aufwärts fertig gestellt und dann über das Heck vom Stapel gelassen. Heute werden sie üblicherweise in Sektionen gebaut: Man fertigt Rumpfteile in Hallen vor und setzt sie dann mit Kränen zusammen. Trockendocks, die zum Aufschwimmen der neuen Schiffe geflutet werden können, ergänzen oder ersetzen Bauhellings. Früher wurden die angezeichneten Stahlplatten von Hand mit Schweißbrennern zurechtgeschnitten und dann verarbeitet. Heute sind automatische Schneid- und Schweißverfahren weit verbreitet, da sich so Arbeitskräfte sparen lassen und schnelleres und präziseres Bauen möglich ist. Computer-aided Manufacturing (CAM) hat sich im Schiffsbau längst durchgesetzt.
 
Werften in Hochlohnländern wie der Bundesrepublik können sich auf dem Weltmarkt für Standardschiffe kaum mehr behaupten. Auch japanische Werften geraten zunehmend unter ökonomischen Druck durch ostasiatische Billigwerften. Die Werftindustrie in Deutschland, mit 1,2 Millionen Bruttoregistertonnen 1996 weltweit an dritter Stelle hinter Japan (10,2 Millionen Bruttoregistertonnen) und der Republik Korea (7,3 Millionen Bruttoregistertonnen), hat in den letzten Jahren fast nur mit staatlichen Subventionen überlebt, die aber im Zuge allgemeiner Mittelverknappung reduziert werden. Insbesondere die Zukunft der ehemaligen DDR-Staatswerften ist ungewiss, da diese riesige Verluste machen und nicht mehr konkurrenzfähig sind. Chancen für den deutschen Schiffbau bestehen allenfalls in der Anfertigung von Spezialschiffen mit aufwendiger Technik und im Bau von Kreuzfahrtschiffen. Eine Absättigung des Containerschiffmarktes steht bevor; auch der Bau von Marineschiffen dürfte aufgrund sinkenden Bedarfs von abnehmender Bedeutung sein.
 
Welche Komponenten sind im industriellen Schiffbau zu fertigen und welcher Aufwand ist damit verbunden? Der Rumpfbau, obwohl er dem Laien am spektakulärsten erscheint, ist finanziell ein eher unbedeutender Faktor. Die Installation von Neben- und Hilfsaggregaten wie Stromerzeugern und -verteilern sowie von Navigations- und Wohneinrichtungen sind wesentlich aufwendiger und teurer als der Bau von Schiffsrumpf und Aufbauten. Allein die Vielzahl von Pumpen und ihr komplexes Leitungssystem machen heute oft schon bis zu einem des Viertel des Schiffsgewichts aus. Die Antriebssysteme sind ein weiterer wesentlicher Aspekt.
 
Dr. Kurt Möser
 
Weiterführende Erläuterungen finden Sie auch unter:
 
Schifffahrt: Antriebstechnik und neue Schiffstypen
 
 
Flüsse und Kanäle. Die Geschichte der deutschen Wasserstraßen. Die Entwicklung der Wasserwege unter dem Einfluß von Recht, Politik, Wirtschaft, Verwaltung, Wasserbau und Schiffahrt, herausgegeben von Martin Eckoldt. 2 Bände. Hamburg 1998.
 Marshall, Chris: Die große Enzyklopädie der Schiffe. Technische Daten und Geschichte von über 1200 Schiffen. Aus dem Englischen. Erlangen 1995.
 
Nauticus. Schiffahrt, Schiffbau, Marine, Meeresforschung. Herford u. a. 1923-91. 1899-1914 unter dem Titel Jahrbuch für Deutschlands Seeinteressen.
 Press, Heinrich: Wasserstraßen und Häfen. 2 Bände. Berlin u. a. 1956-62.
 Westphal, Gerhard: Lexikon der Schiffahrt. Über 3000 Begriffe von Aalregatta bis Zwischendeck aus Handelsschiffahrt und Segelsport. Reinbek 1981.

Universal-Lexikon. 2012.

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